„Wo fängt Zeitzeugenschaft an und wo hört sie auf?“ oder „Lässt sich heute schon erkennen, was in Zukunft als erinnerungswürdig gelten wird?“. Um solche Fragen ging es am 15. April 2024 beim Erzählcafé im M26 in Regensburg. Die Veranstaltung des Zentrums Erinnerungskultur gehörte zum Rahmenprogramm der von der KZ-Gedenkstätte Flossenburg und dem Jüdischen Museum Hohenems kuratierten Wanderausstellung „Ende der Zeitzeugenschaft?“, die nach einer Verlängerung noch bis zum 24. August 2024 in der Universitätsbibliothek Regensburg zu sehen sein wird. Ziel der von Christoph Kaindl moderierten Veranstaltung war es, mit den rund 20 Teilnehmenden darüber ins Gespräch zu kommen, was Zeitzeugenschaft im Allgemeinen und für sie persönlich bedeutet.
Als Einstieg in den Abend wurde ein Ausschnitt aus einer Dokumentation des Bayerischen Rundfunks aus dem Jahr 1964 gezeigt, in dem sich mehrere Zeitzeugen anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der Einweihung des Walchenseekraftwerks über dessen Bau, aber auch über andere Umstände dieser Zeit wie die Inflation unterhalten. Daran schloss sich eine Diskussion über die Frage an, welche Faktoren Menschen zu Zeitzeugen machen und welche Folgen die Zeitzeugenschaft für diese Menschen hat. Dabei wurde die Hypothese diskutiert, dass drei Faktoren zusammentreffen müssen, damit Zeitzeugenschaft entstehen kann: eine Person, die als Zeitzeuge tätig sein will, Medien, die dieser Person ein Publikum verschaffen, und eine Zeit- bzw. Ereignisschicht, die als relevant für die Zeitzeugenschaft anerkannt wird.
Im zweiten Teil der Veranstaltung waren die Teilnehmenden eingeladen, im Format eines World Cafés in vier Runden an verschiedenen Stationen über die Frage ins Gespräch zu kommen, inwieweit sie persönlich Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zu bestimmten Themenkomplexen sein können. Als Impulse dienten dazu auf den Tischen platzierte Oberbegriffe wie „Technik“, „Politik“, „Umwelt“, „Wirtschaft“ und „Zusammenleben“.
Insgesamt zeigte der intensive Austausch der Teilnehmenden, wie groß das Interesse an Fragen einer „Zeitzeugenschaft des Alltags“ ist. Das Zentrum Erinnerungskultur wird die an diesem Abend aufgeworfenen Fragen bei einer geplanten Neuauflage des Formats „Erzählcafé“ mit Interessierten weiter diskutieren.
Die Ausstellung „Ende der Zeitzeugenschaft?“ hinterfragt die „Gemachtheit“ der Interviews mit Zeitzeug*innen und ihre gesellschaftliche Rolle seit 1945. Sie gibt Einblicke in die Videosammlung der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, in Interviews, die bislang nie gezeigt wurden. Hinweis: Die Ausstellung wird bis zum 24.08. verlängert!