Um den unterschiedlichen Gegenwartsbezügen vergangenen Unrechts gerecht zu werden, wird etwa zwischen heroischer, Schuld anerkennender, viktimisierender und beschweigender Erinnerungspolitik unterschieden. Dabei bleibt allerdings bisher unbeachtet, inwiefern der typisierende Rückgriff auf die eigene Gewaltgeschichte auch ein inkludierendes Selbstverständnis in von Einwanderung geprägten Gesellschaften anleiten kann.
Peter Niesen, Professor für Politische Theorie an der Universität Hamburg, erörtert in seinem Vortrag, welchen Zusammenhang Karl Jaspers zwischen Schuldanerkennung und politischer Freiheit sah, welche Verbindungslinien die politikwissenschaftliche Forschung zwischen erinnerungspolitische „Kulturen der Zerknirschung“ sowie „Kulturen der Viktimisierung“ (David Art) und dem Erstarken des Populismus zieht, und wie man sich in Einwanderungsgesellschaften eine erinnerungspolitische Modernisierung vorstellen könnte.
Der Vortrag ist Teil der Reihe „Säulen der Demokratie“ des Lehrstuhls für Politische Philosophie, Theorie und Ideengeschichte unter Leitung von Prof. Dr. Eva Helene Odzuck, die das Ideenfundament und die tragenden Werte der Demokratie in den Blick nimmt.
