Das Zentrum Erinnerungskultur und die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg zeigen im Januar und Februar in Regensburg vier ausgewählte Filme, die die Figur des Überlebenden bzw. des Zeitzeugen und der Zeitzeugin aus verschiedenen Perspektiven thematisieren.
Gesellschaftliche Auseinandersetzungen um die Erinnerung an die von den Nationalsozialisten begangenen Verbrechen wurden immer wieder auch im Film aufgegriffen oder sogar erst durch diesen initiiert. Vielfach wurden Fragen von Verantwortung und Schuld aufgegriffen oder die Schicksale der Opfer nachgezeichnet.
Alle Filmvorführungen werden durch Einführungen und Gespräche mit Podiumsgästen und/oder dem Publikum gerahmt. Genauere Informationen können Sie den unten verlinkten Einzelterminen entnehmen.
Der Eintritt ist frei. Für die Termine im Regina Kino können kostenlose Karten unter Tel. (0941) 4 16 25 reserviert werden.
Die Veranstaltungsreihe findet in Kooperation mit dem Regina Filmtheater, der Stadt Regensburg, dem Theater an der Uni und dem Studierendenwerk Niederbayern/Oberpfalz statt.
Veranstaltungen
17.01.2024 | 19:00 Uhr | Regina Filmtheater: W. – Was von der Lüge bleibt
Regie: Rolando Colla ǀ Schweiz 2020 ǀ Dokumentarfilm mit Graphic Novel-Elementen ǀ 111 Minuten
Im Mittelpunkt des Films steht Bruno Wilkomirski. Er veröffentlicht 1995 eine Autobiographie, in der er seine früheste Kindheit in einem Konzentrationslager beschreibt. Für sein Buch wird er mit Preisen ausgezeichnet, was ihn zu einem begehrten Zeitzeugen werden lässt.
Als vier Jahre später bekannt wird, dass er seine ganze Kindheit in der Schweiz verbracht hat und seine Autobiographie erfunden ist, beharrt er zunächst auf der Richtigkeit seiner Erinnerungen. Dann zieht er sich zurück und äußert sich nicht mehr öffentlich – bis jetzt. Der Regisseur Rolando Colla gewann in einem jahrelangen Prozess Wilkomirskis Vertrauen. Interviewsequenzen, unveröffentlichte Archivmaterialien sowie animierte Illustrationen des Zeichners Thomas Ott ergänzen sich in dem Dokumentarfilm. Der Film stellt dabei weniger die Frage nach Schuld, sondern will verstehen, wie es zu der Lüge kam und wie sie so lange aufrechterhalten werden konnte.
27.01.2024 | 10:00 – 20:00 Uhr | Theater an der Uni: Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiss
Regie: Marvin J. Chomsky ǀ USA 1978 ǀ Serie ǀ 4 Teile, insg. 7 Stunden
Die deutsche Erstausstrahlung der vierteiligen US-amerikanischen Fernsehserie „Holocaust“ vor vierzig Jahren wurde zum Medienereignis: Bis zu 15 Millionen Zuschauer*innen verfolgten vor den Bildschirmen die Geschichte der fiktiven jüdischen Familie Weiss. Erstmals seit Ende des Krieges wurde in vielen deutschen Wohnzimmern intergenerationell über Mitwissertum und eigene Verantwortung diskutiert. Besonderen Einfluss hatte die Serie durch die Darstellung persönlicher Schicksale der Verfolgten, an denen die bundesdeutsche Öffentlichkeit zuvor wenig Interesse hatte.
Begleitet wird die Aufführung durch Einführungen und Gesprächsrunden zwischen den Teilen der Serie. Die Teilnahme an einzelnen Teilen ist möglich, nach jedem Teil gibt es eine Pause.
07.02.2024 | 19:00 Uhr | Regina Filmtheater: Der Zeuge
Regie: Bernd Michael Lade | Deutschland 2023 | Spielfilm | 97 Minuten
Zentrale Person des Films ist der Flossenbürg-Überlebende Carl Schrade. Er sagt im Sommer 1946 an drei Tagen als Zeuge im Dachauer Flossenbürg-Prozess aus. Vor dem Dachau Court berichtet Schrade so ausführlich wie kaum ein anderer über die in Flossenbürg begangenen Verbrechen und ihre Täter*innen. Von der Verteidigung wird er wegen seines Verhaftungsgrundes dabei immer wieder in die Enge getrieben. Schrades Aussagen bilden die Grundlage des Films, der nicht immer den historischen Ereignissen folgt. Im Zentrum des Films stehen Fragen nach Schuld, Täterinnen und Opfern.
Das anschließende Filmgespräch mit Regisseur, Hauptdarsteller und Drehbuchautor Bernd Michael Lade und dem Produzenten Guntram Franke bietet allen Interessierten die Möglichkeit, in Dialog zu treten.
20.02.2024 | 19:00 Uhr | Regina Filmtheater: Am Ende kommen Touristen
Regie: Robert Thalheim | Deutschland 2007 | 85 Minuten
Der Film erzählt von Sven (gespielt von Alexander Fehling), der seinen Zivildienst in der Gedenkstätte Auschwitz leistet. Er soll sich dort um den eigenwilligen KZ-Überlebenden Krzemiński kümmern, doch das erweist sich als schwierig.
Nur langsam nähert er sich dem wortkargen älteren Herrn an und erlebt mit, welch doppelbödige Behandlung Krzemiński durch seinen Status als Zeitzeuge des Holocaust erfährt. Durch seine Begegnung mit Ania, die in der Gedenkstätte als Dolmetscherin arbeitet, entdeckt Sven in dem polnischen Städtchen Oświęcim ein Alltagsleben jenseits der Gedenkstätte, das doch stets von der Existenz des ehemaligen Konzentrationslagers überschattet wird. Der Film basiert auf den eigenen Erfahrungen des Regisseurs Robert Thalheim, der selbst Freiwilliger in der Begegnungsstätte Auschwitz war. Genau beobachtet und mit subtilem Witz schildert der Film die Auseinandersetzung mit Erinnerung und Verantwortung im heutigen Europa.
Lehrmaterial zum Film ist online über die Bundeszentrale für politische Bildung (www.bpb.de) verfügbar.
Die Filmreihe gehört zum Rahmenprogramm der Ausstellung „Ende der Zeitzeugenschaft?“, die sich mit der komplexen Beziehung zwischen Zeitzeug*in und Interviewer*in, Medium und Gesellschaft auseinandersetzt.
Die Ausstellung ist bis 31. Juli 2024 in der Universitätsbibliothek Regensburg zu sehen.