Im Rahmen von zwei Workshops setzten sich die Teilnehmenden intensiv mit wenig bekannten Orten und im öffentlichen Raum wenig sichtbaren Aspekten der NS-Zeit in Regensburg auseinander. Unter der Leitung von Dorothee Janssen (Tanzpädagogin und Choreographin) und Julian Monatzeder (Theaterregisseur und Filmemacher) wurde ein innovativer Zugang zur Erinnerungsarbeit erprobt, der Bewegung, darstellende Kunst und individuelle Kreativität miteinander verband. Der Workshop, der in Zusammenarbeit mit der Stadt Regensburg und der Kultur|Jugendherberge Regensburg durchgeführt wurde, bot den Teilnehmenden eine Plattform für maximale und radikale Beteiligung.

Im ersten Workshop, der vom 7. bis 9. Juni 2024 stattfand, lag der Schwerpunkt auf der Ausgrenzung und Verfolgung im Nationalsozialismus. Die Teilnehmenden setzten sich mit dem sich zunehmend verändernden Leben jüdischer Regensburger*innen in den 1930er und 1940er Jahren auseinander. Welche Stimmung herrschte in der Innenstadt? Was spielte sich ab an Orten, die heute von Genuss, Konsum und Tourismus geprägt sind? Wie vielschichtig war die Ablehnung, wie perfide die Ausgrenzung? Wie muss es gewesen sein, als jüdische Geschäfte erst gemieden, später angezündet und geplündert wurden? Mithilfe historischer Recherchen und der Bewegung durch die Stadt wurde eine neue, körperliche Beziehung zu diesen Orten und ihren Geschichten geschaffen. Ziel war es, die Vergangenheit in die heutige Stadtlandschaft zurückzuholen und ins Bewusstsein zu rücken.
Der zweite Workshop fand am 6. und 7. Juli statt und widmete sich der nationalsozialistischen Ideologisierung von Stadtraum und Jugend. Hier wurde untersucht, wie die NS-Ideologie das Alltagsleben in Regensburg prägte, insbesondere in der Jugendarbeit und durch prestigeträchtige Bauprojekte wie die 1938 errichtete Regensburger Jugendherberge oder die nahegelegene Donaubrücke. Die Teilnehmenden experimentierten mit Phänomenen wie körperlicher Ertüchtigung, Disziplin und Gleichmachung, um die ideologischen Strukturen dieser Zeit körperlich erfahrbar zu machen. Dabei ging es nicht um Erklärungen, sondern darum, Zusammenhänge und Dimensionen wahrzunehmen.






Ein zentrales Ergebnis der Workshops sind zwei Kurzfilme, die von den Teilnehmenden jeweils selbst konzipiert und gedreht wurden. Die Filme „Reichspogromnacht Regensburg“ und „Jugendherberge Regensburg“ dokumentieren die künstlerische Auseinandersetzung mit den historischen Orten und verbinden Erkenntnisse mit kreativen Interpretationen.
Der Workshopfilm „Reichspogromnacht Regensburg“ wurde ins Regionalfenster 1 der Internationalen Kurzfilmwoche Regensburg aufgenommen und ist dort am 27.03.2025 zu sehen.
Die Workshops boten den Teilnehmenden eine außergewöhnliche Möglichkeit, über etablierte Formen der Erinnerungsarbeit hinauszugehen. Durch die Verbindung von Körperlichkeit, künstlerischem Ausdruck und individueller Kreativität wurde eine neue Perspektive auf die Vergangenheit eröffnet und gezeigt, wie historische Orte und ihre Geschichten neu ins Bewusstsein gerückt werden können.
Bildnachweis: © Dorothee Janssen