01.10.2024

Rückblick auf die Ausstellung „Ende der Zeitzeugenschaft?“ und das abschließende Werkstattgespräch „Stimmen zur Ausstellung“

Vom 25. Oktober 2023 bis zum 24. August 2024 war die Ausstellung „Ende der Zeitzeugenschaft?“, kuratiert von der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg und dem Jüdischen Museum Hohenems, in den Räumen der Universitätsbibliothek zu sehen. Begleitet wurde die Ausstellung von einem umfangreichen Rahmenprogramm des Zentrums Erinnerungskultur (ZE) mit Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Fortbildungen, Filmgesprächen, Erzählcafés und Workshops. Den Abschluss dieser Veranstaltungsreihe bildete das Werkstattgespräch „Stimmen zur Ausstellung“ am 23. Juli 2024.

Die Direktoren des ZE, Prof. Dr. Bernhard Löffler und Prof. Dr. Jörg Skriebeleit, begrüßten die anwesenden Gäste und freuten sich, dass fast alle Kooperationspartner der Veranstaltungsreihe der Einladung des ZE zum abschließenden Werkstattgespräch gefolgt waren. Nachdem die Ausstellung und ihr Thema „Ende der Zeitzeugenschaft?“ in vielfältiger Weise sowohl im Stadtraum als auch an der Universität in die Breite gewirkt hatten, sollten im Werkstattgespräch die entstandenen inhaltlichen Fäden für ein abschließendes Resümee wieder an ihren Ausgangsort zurückgeführt werden.

Zu Beginn des Werkstattgesprächs schilderten Dr. Stefanie Aufschnaiter von der Universitätsbibliothek und Anna-Elena Schüler, Studentin der Public History und Kulturvermittlung, ihre Leseeindrücke aus dem neu erschienen Ausstellungskatalog „Ende der Zeitzeugenschaft?“. Gespannt wäre man auch auf die Rezension von Dr. Ali Aberkane von der Universität Algier 2 gewesen, der aus den Beiträgen des Ausstellungskataloges interessante Bezüge zwischen der Aufarbeitung des Zweiten Weltkriegs und der des Unabhängigkeitskriegs in Algerien herausgearbeitet hatte. Leider verhinderte eine Verspätung des Zuges von Frankfurt nach Regensburg seine Teilnahme am Werkstattgespräch.

Aufschnaiter betonte in ihren Ausführungen zum „Ende der Zeitzeugenschaft?“ anhand zahlreicher persönlicher Beispiele die Bedeutung, die den sog. Erinnerungsorten, wie z. B. KZ-Gedenkstätten, bei der historischen Vermittlungsarbeit nun und künftig zukommen werde. Diese verfügten über großes emotionales Potenzial mit dem gleichzeitig verantwortungsvoll umgegangen werden müsse. Diesen verantwortungsvollen Umgang bei der historischen Vermittlungsarbeit betonte auch Schüler vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus den vom ZE angebotenen Rundgängen durch die Ausstellung. Es sei immer wieder zu Situationen gekommen, in denen die Ausstellungsinhalte die Besuchenden emotional überwältigt hätten und es intensiver Betreuung und Gespräche durch die Rundgangsleitenden bedurft habe.

Insgesamt nahmen an den rund 55 durchgeführten Rundgängen durch die Räume der Ausstellung über 650 Besuchende teil. Dabei legten die Mitarbeitenden ihren Fokus auf die jeweiligen Bedürfnisse und Interessen der Gruppen: Die Rundgänge wurden stets im interaktiven Austausch mit der Gruppe durchgeführt und bei Bedarf auch in englischer oder leichter Sprache angeboten. Dieser offene Raum ermöglichte es den Teilnehmenden, ihre persönlichen Erfahrungen mit der und Erinnerungen an die Zeitzeugenschaft zu teilen.

Hauptsächlich lag der Fokus des Rundgangsangebots auf Schulklassen, die die Ausstellung gemeinsam mit ihren Lehrkräften in größerer Zahl besuchten, aber auch Kultur- und Sportvereine, Mitglieder von Gewerkschaften, Künstler:innen, Mitarbeitende der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg oder interessierte Privatpersonen nahmen an den Führungen teil. Durch die Präsentation im Herzen der Universitätsbibliothek nahmen auch zahlreiche Studierende und Mitarbeitende der Universität selbst das Führungsangebot wahr. Besonders prägend waren die Besuche der Holocaustüberlebenden und Zeitzeugen Ernst Grube und Leon Weintraub, welche die Mitarbeitenden des ZE motivierten, sich weiterhin den zentralen Fragen der Zukunft der Zeitzeugenschaft zu widmen.

Das Thema der Ausstellung „Ende der Zeitzeugenschaft?“ war an unterschiedlichen Instituten im Rahmen von Seminaren in die universitäre Lehre aufgenommen worden, sodass Studierende aus der Slavistik, aus der Romanistik, aus der Public History sowie aus der Geschichtswissenschaft kurzweilige und interessante Einblicke in ihre Arbeit im Rahmen der Lehrveranstaltungen geben konnten. Birgit Nemec fasste die Ergebnisse des Seminars „Slavisch-jüdische Zeitzeugenschaft“ zusammen, verbunden mit dem engagierten Appell, den von Geschichtsschreibung und Erinnerungskultur Vergessenen und Marginalisierten Gehör zu schenken und zur Sichtbarkeit zu verhelfen. Das Institut für Romanistik hatte in Kooperation mit dem Institut für Geschichte eine Archivrechercheübung zu Zeugnissen von Überlebenden aus dem KZ-Komplex Flossenbürg angeboten. Diese Kooperation war auch innerhalb der Arbeitsgruppen des Seminars präsent, in denen sich französische und deutsche Studierende zusammenfanden, um französischsprachige Interviews in einem ersten Schritt sprachlich zu erschließen. Im Anschluss daran wurden die Interviews transkribiert, untertitelt und übersetzt, ehe sie einer akribischen Quellenkritik unterzogen wurden. Die Ergebnisse dieses fruchtbaren interdisziplinären Austausches beeindruckten.

Beeindruckt war das Publikum auch von den in zwei Kurzfilmen dokumentierten Ergebnissen der Workshops zur künstlerisch-performativen Erinnerungsarbeit unter Leitung von Dorothee Janssen (Choreografin und Tanzpädagogin) und Julian Monatzeder (Theaterregisseur und Filmemacher). In zwei Workshops hatten sich die Teilnehmenden jeweils ein Wochenende lang der anspruchsvollen Aufgabe gewidmet, Orte der NS-Zeit in Regensburg durch körperlich-künstlerische öffentliche Auseinandersetzung wieder ins Bewusstsein der Stadt zu rücken. In den dabei entstandenen Filmcollagen werden Archivzeugnisse des Alltags in Regensburg während der NS-Zeit wort- und bildgewaltig umgesetzt in die Bewegungen der Teilnehmenden bei ihrer Aneignung des heutigen Stadtraums im Sinne einer historischen Rekontextualisierung.

Beim abschließenden Empfang hatten die Zuhörenden die Gelegenheit, die vielfältigen, anregenden Eindrücke aus dem Werkstattgespräch mit den jeweiligen Projektverantwortlichen zu diskutieren, sodass am Ende des Abends ein erfreulich positives Fazit aus der Ausstellung „Ende der Zeitzeugenschaft?“ und deren Rahmenprogramm in Regensburg gezogen werden konnte.